Dezember und Kräuter — passt das zusammen? Ja, aber nicht so, wie Instagram es zeigt. Manche Pflanzen halten überraschend viel aus, andere überleben nur drinnen. Ich schreibe hier aus jahrelanger Praxis: kleine Erfolge, einige Verluste — und praktische Tricks, die wirklich funktionieren.
Grundsätzliches: Temperatur, Licht und Wind entscheiden
Der wichtigste Unterschied zwischen Balkon und Fensterbank ist das Mikroklima. Auf dem Balkon sind Temperaturspitzen, Wind und Frost ein Thema. Auf der Fensterbank fehlt oft Tageslicht, aber die Temperatur bleibt konstanter. Entscheiden Sie zuerst: wollen Sie winterharte Sorten draußen lassen oder lieber bei Licht drinnen kultivieren?
Welche Kräuter können draußen bleiben?
- Thymian (Thymus vulgaris) — sehr robust, verträgt Frost gut.
- Schnittlauch (Allium schoenoprasum) — mehrjährig, überdauert milde Winter problemlos.
- Petersilienwurzel und Petersilie — winterhart in geschützter Lage.
- Salbei (Salvia officinalis) — je nach Sorte und Standort frosttolerant.
- Winterzyklamen und einige Steinpflanzen als Begleiter für Struktur.
Tip: Mediterrane Kräuter wie Rosmarin oder Basilikum sind oft nur bedingt winterhart. Rosmarin übersteht milde Winter, ist aber wind- und nassempfindlich.
Wenn Sie draußen bleiben möchten: praktische Schutzmaßnahmen
Ein einfacher Plan, den ich immer empfehle: Isolieren, beschatten, stabilisieren. Das heißt konkret:
- Topf in Styropor stellen oder mit Luftpolsterfolie umwickeln — Wurzelballen bleibt wärmer.
- Pflanzen eng an Hauswand stellen, Nässeschutz (Vlies) bei Sturm und Regen.
- Mulch aus Laub oder Kokosfasermatte auf die Oberfläche geben.
- Große Töpfe statt kleiner verwenden: mehr Erdmasse puffert Temperaturschwankungen.
Fensterbank: Licht ist König
Auf der Fensterbank liegt die Herausforderung weniger bei Frost als beim Lichtmangel. Besonders nördliche Fenster bringen im Dezember oft nur 2–3 Stunden brauchbares Licht — zu wenig für aktiv wachsende Kräuter.
Was hilft: Südfenster sind ideal. Bei Nord- oder Ostfenstern sollten Sie in eine LED-Pflanzenlampe investieren. Die Kosten sind überschaubar, die Wirkung spürbar.
Pflanzen, die sich auf der Fensterbank wohlfühlen
- Minze — wächst auch mit weniger Licht, braucht dafür mehr Wasser.
- Basilikum verliert an Wuchskraft, ist aber mit Lichtlampe möglich.
- Kresse — schnelle Ernte, ideal für frische Salate.
- Microgreens — hohe Nährstoffdichte, geringe Fläche nötig.
Gieß- und Pflegetipps für Dezember
Im Winter gilt: weniger gießen, aber nicht austrocknen lassen. Gießrhythmus an Temperatur anpassen — bei Heizungsluft brauchen Pflanzen häufiger Wasser, bei kalter Fensterbank weniger. Vermeiden Sie Staunässe; gute Drainage ist Pflicht.
Düngen? Kaum. Die meisten Kräuter ruhen im Winter — sparen Sie sich starke Düngergaben. Ein leichter organischer Start im Frühjahr ist sinnvoller.
Konkreter Aktionsplan in 5 Schritten
- Sortieren: Welche Kräuter bleiben draußen, welche kommen rein?
- Schutz bauen: Töpfe isolieren, Vlies bereitlegen.
- Licht checken: Fensterstandort bewerten, ggf. LED installieren.
- Gießen anpassen: Fingerprobe macht’s — feucht, nicht nass.
- Ernten & Schnitt: Leichtes Auslichten fördert Gesundheit, keine radikalen Schnitte.
Regionale Tipps aus Erfahrung
In Berlin (Prenzlauer Berg) habe ich gute Erfahrungen mit geschützten Innenhofbalkonen gemacht — Wind ist dort der Killer. In München sind Südbalkone oft milder, doch Nässeschutz bleibt wichtig. Baumärkte wie OBI oder Bauhaus, Discounter wie Aldi und Lidl haben im Winter oft praktische Vlies- und Isolierlösungen im Angebot — günstig und effektiv.
Wenn Sie probieren wollen: Starten Sie mit Schnittlauch und Thymian als leichte Erfolgskandidaten. Das baut Vertrauen auf, bevor Sie empfindlichere Pflanzen riskieren.
Fazit: Ein Kräutergarten im Dezember ist möglich — mit realistischer Auswahl und einiger Vorbereitung. Es geht nicht um perfekte Social‑Media-Ästhetik, sondern um frische Gewürze und ein Stück Grün im Winter.
Welche Kräuter haben Sie schon im Winter durchgebracht? Teilen Sie Ihre Erfahrungen oder stellen Sie Fragen — ich antworte gern.
