Sie stehen vor dem Regal in Rossmann oder DM, halten eine Flasche Frosch in der Hand und fragen sich: Reicht das oder braucht die Küche doch stärkere Chemie? Die Entscheidung ist weniger moralische Frage, mehr: welches Mittel passt zur Verschmutzung, zur Oberfläche und zu Ihren Ansprüchen an Umwelt und Gesundheit. Ich schreibe das aus der Erfahrung: nach zehn Jahren Produkttests, einem Berliner WG‑Haushalt und unzähligen Putzschlachten weiß ich, wann Naturprodukte genügen – und wann man nicht sparen sollte.
Was steckt eigentlich in „natürlich“ und „chemisch“?
„Natürlich“ heißt meist: pflanzliche Tenside, Essig, Natron, ätherische Öle. Marken wie Frosch oder Ecover werben damit. „Chemisch“ ist kein Schimpfwort, sondern ein Sammelbegriff: Chlorbleiche (Natriumhypochlorit), Ammoniak, starke Säuren oder alkalische Reiniger sowie Konservierungsstoffe. Desinfektionsmittel wie Sagrotan nutzen Wirkstoffe, die Krankheitserreger zuverlässig abtöten.
Womit entfernt man was? Kurzer Praxis-Überblick
- Fett & Kochspritzer: Tensidbasierte Reiniger (Spülmittel, Allzweckreiniger) lösen Fett am besten. Natürliche Tenside sind oft ausreichend, brauchen aber mehr Einwirkzeit.
- Kalk & Wasserflecken: Säurehaltige Mittel oder Essig. Achtung: Essig greift Marmor, Kalkstein und manche Fliesenfugen an.
- Schimmel: Nur mit speziellen Schimmelentfernern oder Chlorbleiche zuverlässig bekämpfbar. Öle oder Hausmittel reichen oft nicht.
- Desinfektion: Für Kranken- oder Kücheinsatz zahlen sich geprüfte Desinfektionsmittel aus; Essig ist kein Desinfektionsmittel gegen Viren.

Risiken: Warum „natürlich“ nicht automatisch sicher ist
Ätherische Öle können Allergien auslösen; Natron wirkt abrasiv auf empfindlichen Oberflächen; Essig zerstört Naturstein. Auf der anderen Seite können starke chemische Reiniger Haut und Atemwege reizen und Gewässer belasten. Wichtig ist, nicht nur auf das Etikett zu schauen, sondern auch auf Anwendungshinweise: Handschuhe, Lüften, Dosierung.
Konkrete Empfehlungen: so wählen Sie richtig
- Für die tägliche Reinigung: biologisch abbaubare Tenside (Ecover, Frosch). Gut für Böden, Arbeitsflächen und wenn Kinder im Haushalt sind.
- Für hartnäckigen Schmutz: enzymatische Reiniger (bei organischen Flecken) oder ein gezielter Spezialreiniger für Backofen, Grill, WC.
- Für Desinfektion: geprüfte Produkte mit Angaben zur Wirksamkeit gegen Bakterien/Viren (z. B. Sagrotan, Desinfektionsmittel aus Apotheken). Besonders nach Erkrankungen im Haushalt einsetzen.
- Bei Steinflächen: niemals Essig; lieber spezielle Steinreiniger oder pH‑neutrale Mittel.
Praktische Putzroutine — schnell, sicher, effektiv
- Zuerst trocken reinigen: Krümel, grobe Verschmutzungen wegfegen.
- Für Fett: warmes Wasser + Spülmittel, evtl. Einweichen lassen.
- Kalk: gezielt mit Kalkentferner behandeln, bei Bedarf kurz einwirken lassen.
- Desinfektion nur dort, wo nötig (Küche, Bad), nicht flächendeckend täglich — das schützt die Hautflora und die Umwelt.

Mythen, die Sie vergessen können
- „Essig tötet alle Keime“ — nein. Essig senkt Kalk, ersetzt aber keine geprüfte Desinfektion.
- „Alles, was natürlich ist, ist schonender“ — nicht per se; lesen Sie die Inhaltsstoffe.
- „Mehr ist besser“ — Überdosierung schadet oft Material und Gesundheit, spart aber selten Zeit.
Ein überraschender Fakt
Wussten Sie, dass Chlorbleiche in verdünnter Form hervorragende Desinfektion liefert, aber gleichzeitig empfindliche Oberflächen dauerhaft schädigen kann? Es gibt also kein Universalwunder — nur das richtige Mittel zur richtigen Aufgabe.
Fazit
„Natürlich oder Chemie“ ist weniger ein Gegensatz als eine Werkzeugwahl. Für den Alltag reichen oft ökologische Tenside, für hartnäckige Verschmutzungen und echte Hygieneprobleme greifen Sie zu spezialisierten chemischen Produkten — aber mit Verstand: Schutzkleidung, Lüften, richtige Dosierung. Probieren Sie im ersten Schritt ein umweltfreundliches Allzweckmittel für Wochentage und ein starkes Spezialprodukt für den Monatsputz. So bleiben Wohnung, Gesundheit und Gewissen in Balance.
Welche Putzmittel benutzen Sie zu Hause? Teilen Sie Ihre Erfahrungen — ich lerne immer gern neue Kombis aus Berliner Kiez‑Haushalten und Mehrpersonenhaushalten.









